Umweltpolitik: Umweltnutzung und Verursacherprinzip

Umweltpolitik: Umweltnutzung und Verursacherprinzip
Umweltpolitik: Umweltnutzung und Verursacherprinzip
 
Schon für Steinzeitmenschen konnte die Nutzung natürlicher Ressourcen zu einem Problem werden. Zwar kannten sie vermutlich weder Luft- und Wasserverschmutzung noch kontaminierte Böden, aber schon die gemeinsame Nutzung von Jagd- und Weidegründen oder die Verteilung von Wasserrechten birgt beachtliches Streitpotenzial. Allmendegüter, wie z. B. gemeinsam genutzte Viehweiden, leiden nämlich darunter, dass der Anreiz zu ihrer Pflege relativ gering ist, da der daraus entstehende Nutzen allen zugute kommt, während die Kosten nur demjenigen entstehen, der die Pflege durchführt. Als Folge kommt es zu einer Übernutzung und letztlich einem starken Qualitätsverlust für alle. Sowohl die heute bekannten Umweltprobleme als auch diejenigen unserer Vorfahren aus dem Neolithikum können allerdings mittels einer ökonomischen Analyse einer sachgerechten Lösung zugeführt werden (umweltökonomische Theorie, umweltökonomische Gesamtrechnung).
 
 Ursachen für Umweltprobleme
 
Umweltprobleme lassen sich mit einem Fachterminus als negative externe Effekte bezeichnen. Ein negativer externer Effekt liegt immer dann vor, wenn bei der Produktion oder auch durch den Konsum eines Guts Nebenwirkungen entstehen, die auf andere Menschen einwirken und ihr Wohlbefinden verschlechtern. Beispiele sind die Einleitung von schädlichen Chemikalien in Flüsse, der Ausstoß von Abgasen, die bei der Elektrizitätserzeugung oder beim Autofahren entstehen, und Lärm, der von einem Flugzeug oder auch einem Rasenmäher erzeugt wird. Das ökonomische Problem ensteht in allen diesen Fällen dadurch, dass die Nutzung der Umwelt kostenlos ist. Da der Umweltverschmutzer die Beeinträchtigung seiner Mitmenschen nicht monetär kompensieren muss, entsteht für ihn kein ökonomischer Anreiz, das Gut Umwelt sparsam zu nutzen. Es kommt dadurch zu einer Übernutzung mit gesamtwirtschaftlich negativen Konsequenzen. Umweltschädigungen lassen sich somit theoretisch dadurch beseitigen oder einschränken, dass ein Preis für die Umweltnutzung erhoben wird. Der Preis bewirkt, dass der externe Effekt internalisiert wird. Ein Umweltschädiger bezahlt durch den Preis die von ihm verursachten volkswirtschaftlichen Kosten. Dies ist äquivalent zum Kauf eines beliebigen privaten Guts, da in diesem Fall der Käufer die bei der Produktion entstehenden Kosten durch den von ihm bezahlten Preis trägt. Hier kommt ein verwandtes ökonomisches Problem ins Spiel. Die Umweltmedien Luft, Wasser und teilweise auch Boden (z. B. Waldflächen) sind öffentliche Güter. Ihre Nutzung ist allen Menschen weitgehend uneingeschränkt möglich. Eine Einschränkung sollte - wie im Falle von Umweltverschmutzung - immer nur dann erfolgen, wenn andere Menschen in ihrer Nutzung beeinträchtigt werden. Öffentliche Güter zeichnen sich dadurch aus, dass alle gemeinsam über sie verfügen können. Die Folge ist, dass niemand einen ökonomischen Anreiz hat, sich z. B. für die Reinhaltung des Wassers einzusetzen. Das ändert sich, sobald Eigentumsrechte zugewiesen sind. Das Coase-Theorem unterstreicht die große Bedeutung der Eigentumsrechte. Es ist für die Eindämmung von Umweltverschmutzung theoretisch sogar gleichgültig, ob der Verschmutzer oder der Geschädigte die Eigentumsrechte erhält. Bekommt der Geschädigte die Eigentumsrechte zugesprochen, dann muss der Verschmutzer mit ihm darüber verhandeln, ob und zu welchem Preis er eine bestimmte Menge Schadstoff in die Umwelt ableiten darf. Dies führt dann zur oben erwähnten Internalisierung des negativen externen Effekts. Aber auch in dem Fall, dass der Schädiger die Eigentumsrechte erhält, kommt es zu diesem Ergebnis, da dann der Geschädigte ihm einen Preis für die von ihm erwünschte Verminderung des Schadens zahlt.
 
 Verursacher- versus Gemeinlastprinzip
 
Zur Lösung von Umweltproblemen gibt es zwei prinzipielle wirtschaftspolitische Ansätze: Im einen Fall muss der Umweltverschmutzer für die Schäden aufkommen (Verursacherprinzip), und im anderen Fall trägt die Allgemeinheit die Kosten für deren Beseitigung (Gemeinlastprinzip). Beim Verursacherprinzip erhalten die Geschädigten als Gesamtheit die Eigentumsrechte an der Umwelt zugesprochen, während beim Gemeinlastprinzip diese Rechte implizit beim Verursacher liegen. Das Verursacherprinzip ist nicht nur intuitiv plausibler und entspricht einer weit verbreiteten Gerechtigkeitsvorstellung, ihr kommt auch in Umweltökonomie und Umweltpolitik die Bedeutung einer Leitidee zu. Beispiele für Regelungen im Sinne des Verursacherprinzips sind Obergrenzen für den Schadstoffausstoß und Steuern auf Schadstoffemissionen. Hierdurch werden Verursacher ver- anlasst, ihr umweltschädigendes Verhalten einzuschränken. Das Gemeinlastprinzip findet v. a. dann als ergänzende Regel Anwendung, wenn der Verursacher nicht mehr ermittelbar oder nicht zahlungsfähig ist, z. B. bei kontaminierten Produktionsflächen eines in Konkurs gegangenen Unternehmens. Das Gemeinlastprinzip wird aber auch im Rahmen staatlicher Subventionen und z. B. bei der Errichtung von Lärmschutzwänden oder öffentlichen Kläranlagen angewendet.

Universal-Lexikon. 2012.

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